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Herausgeber
Hanfjournal

Wirkungen des Cannabisrauchens auf die Atemwege

Authors
Franjo Grotenhermen

Lange Zeit ging man davon aus, dass das Rauchen von Cannabis ähnliche nachteilige Wirkungen auf die Atemwege hat wie das Rauchen von Tabak, darunter ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Krebserkrankungen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Gut bekannt sind Bronchien erweiternde Wirkungen des THC. Diese können genauso wie seine antiallergischen und entzündungshemmenden Eigenschaften therapeutisch bei Asthma genutzt werden.

Im September 2018 hat Professor Donald Tashkin von der Universität von Kalifornien in Los Angeles, der sich seit mehr als 40 Jahren mit den Wirkungen von Cannabis und Cannabinoiden auf die Atemwege befasst, die aktuelle Datenlage in einem wissenschaftlichen Artikel zusammengefasst. Die Forschung ist in den vergangenen Jahren in den USA intensiviert worden, da immer mehr Staaten die Verwendung von Cannabisprodukten erlauben. Das hat zu einer Zunahme der Befürchtungen geführt, dass dadurch auch die Lungengesundheit beeinträchtigt werden könnte. Tashkin fasst seine Ergebnisse wie folgt zusammen:

1. Die meisten Studien haben einen signifikanten Zusammenhang zwischen Cannabisrauchen und Symptomen einer chronischen Bronchitis gefunden. Beim Inhalieren von Rauch verbrannter Pflanzen (Tabak, Cannabis, Kräuter, etc.) werden toxische Verbrennungsprodukte (polyzyklische Kohlenwasserstoffe wie Benzpyren, Nitrosamine, etc.) inhaliert, die die Schleimhaut schädigen können.

2. Die Ergebnisse zu Wirkungen von Cannabis auf die Lungenfunktion waren in verschiedenen Studien uneinheitlich. Keine Studie hat jedoch eine Reduzierung der sogenannten Einsekundenkapazität gefunden. Als Einsekundenkapazität (FEV1, engl. Forced Expiratory Pressure in 1 Second) wird die größtmögliche Menge an Luft, die innerhalb einer Sekunde mit einem kräftigen Stoß ausgeatmet werden kann. Bei einer Reduzierung der Einsekundenkapazität kann also die Luft nicht mehr so schnell ausgeatmet werden wie bei einem Gesunden. Dies ist ein klassisches Symptom einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Die Reduzierung der Einsekundenkapazität bildet die Grundlage für den Schweregrad dieser Erkrankung. Beispielsweise weicht die Einsekundenkapazität im Stadium I einer COPD zwischen 0 und 20 Prozent vom Normalwert ab. Beim Stadium II sind es bereits 20-50 Prozent.

3. Einige Studien haben eine geringe Reduzierung der Atemwegsleitfähigkeit durch Cannabis gefunden, was möglicherweise auf Ödeme im Bereich der Bronchien zurückgeführt werden kann. Solche Ödembildungen, also vermehrte Wassereinlagerungen, können Hinweise auf Entzündungen sein.

4. Die sogenannte Diffusionskapazität war bei Cannabisrauchen in verschiedenen Studien normal. Sauerstoff und Kohlendioxid können wie bei Nichtrauchern ungestört zwischen Atemluft und Blut ausgetauscht werden.

5. Zwei Studien mit hochauflösenden Untersuchungen des Brustkorbs mit einer Computertomografie zeigten keinen Zusammenhang zwischen dem Rauchen von Cannabis und der Bildung eines Lungenemphysems, einer Überblähung der Lunge.

6. In Schleimhautproben aus den Bronchien von Cannabiskonsumenten wurden Vorstufen von Krebs gefunden. Dies ist seit 40 Jahren bekannt, sodass damals davon ausgegangen wurde, dass das Rauchen von Cannabis auch das Krebsrisiko erhöht.

7. Eine Analyse von sechs ausgezeichneten Studien zum Zusammenhang zwischen Cannabisrauchen und Krebs hat kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Lungenkrebs gefunden. Zwar enthält Cannabisrauch krebserregende Substanzen, die gleichzeitig vorhandenen Cannabinoide, wie vor allem THC, die krebshemmende Eigenschaften besitzen, kompensieren jedoch möglicherweise die krebserregenden Eigenschaften dieser Verbrennungsprodukte.

8. THC und CBD besitzen immunsuppressive Wirkungen. Dies ist der Grund, warum sie entzündungshemmend und antiallergisch wirken. Diese Eigenschaften könnten jedoch auch die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eine Lungenentzündung vergrößern. Allerdings sind weitere Untersuchungen notwendig, um dieses Risiko einschätzen zu können.

9. In einigen Fallserien wurden Erkrankungen wie Pneumothorax, Pneumomediastinum und bullöse Lungenerkrankungen beschrieben. Bei einem Pneumothorax dringt durch das Platzen von Lungenbläschen Luft zwischen Lunge und Brustwand, sodass die Lunge auf dieser Seite kollabiert. Möglicherweise ist eine Inhalationstechnik beim Cannabisrauchen, bei der Luft in der Lunge komprimiert wird, um vermehrt Cannabinoide aufnehmen zu können, dafür verantwortlich, dass vermehrt Lungenbläschen platzen können. Um einen ursächlichen Zusammenhang festzustellen, sind Einzelfälle oder Fallserien jedoch ungeeignet. Es werden epidemiologische Studien benötigt, wie Tashkin betont.

Die aktuelle Übersicht zeigt, dass das Rauchen von Cannabis die Bronchialschleimhaut schädigt, so dass sich eine chronische Bronchitis entwickeln kann. Andere Schäden fallen allerdings deutlich schwächer aus als die Schäden der Atemwege durch Tabakrauch. Wer die Gesundheit seiner Atemwege verbessern möchte, sollte Cannabis ohne Tabakzusatz rauchen und am besten auf einen Verdampfer (Vaporizer) umsteigen.