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Herausgeber
Hanfjournal

Der ernährungsphysiologische Wert von Hanfsamen

Authors
Franjo Grotenhermen

Sowohl reifer Hanfsamen als auch Hanfsamenmehl sowie Hanföl sind nützliche Quellen für Öle und Fettsäuren, Proteine und Aminosäuren sowie Fasern bzw. Ballaststoffe. Technisch gesehen ist Hanfsamen eine Nuss, die typischerweise über 30% Öl und etwa 25% Protein enthält, mit beträchtlichen Mengen an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien.

Hanföl enthält über 80% mehrfach ungesättigte Fettsäuren und ist eine außergewöhnlich reiche Quelle für die beiden essentiellen Fettsäuren Linolsäure (18:2 Omega-6) und Alpha-Linolensäure (18:3 Omega-3). Das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 im Hanföl liegt normalerweise zwischen 2:1 und 3:1. Darüber hinaus sind die beiden essenziellen Fettsäuren, Gamma-Linolensäure (18:3 Omega-6) und Stearidonsäure (18:4 Omega-3), ebenfalls im Hanföl vorhanden.

Neben der Verwendung als Nahrungsmittel eignet sich Hanföl wegen seiner günstigen Fettsäuren-Verhältnisse zur Verwendung in kosmetischen Hautpflegemitteln (Salben, Hautöle). Andere Gamma-Linolensäure-haltige Pflanzenöle wie Nacht­kerzen- oder Borretschöl haben ein ungünstiges Omega-6 zu Omega-3-Verhältnis von etwa 30 zu 1, das nicht dem Fettsäure­spektrum der menschlichen Haut entspricht (4 zu 1).

Schließlich enthält Hanföl mittlere bis hohe Konzentrationen an Antioxidanzien des Vitamin-E-Kom­plexes (100-150 Milligramm pro 100 Gramm Öl, hauptsächlich Gamma-Tokopherol) und kleinere Mengen an verschiedenen anderen nützlichen oder essenziellen Bestandteilen (Phytosterole, Phospholipide, Karo­tin und mehrere Mineralien).

Die beiden Hauptproteine in Hanfsamen sind Edestin und Albumin. Diese beiden hochwertigen Speicherproteine sind leicht verdaulich und enthalten ernährungsphysiologisch signifikante Mengen aller essentiellen Aminosäuren. Darüber hinaus weist Hanfsamen einen außergewöhnlich hohen Gehalt an der Aminosäure Arginin auf.

Tabelle: Wichtige Pflanzenöle und ihr Gehalt an den wichtigsten ungesättigten Fettsäuren

Pflanzenöl Ölsäure Linolsäure (Omega-6) Alpha-Linolensäure (Omega-3) Gamma-Linolensäure (Omega-6)
Hanf 10-16 50-70 15-25 2-4
Lein 13-23 17-31 44-54 -
Oliven 64-86 4-15 1 -
Raps 54-60 24-28 9-11 -
Sonnenblume 30-40 50-64 Spuren -
Soja 20-34 49-55 4-12 -
Nachtkerze 12-20 55-65 - 6-14
Borretsch 14-18 25-40 >1 21-25

Essenzielle Fettsäuren können von unserem Körper nicht synthetisiert werden und müssen daher in der Nahrung vor­handen sein. Die dreifach ungesättigte Alpha-Linolensäure macht einen großen Anteil, typischerweise 15 bis 25 Prozent, der gesamten Hanf-Fettsäuren aus. Hanföl enthält verschiedene „höhere Fettsäuren”, das heißt solche, die der menschliche Körper jeweils aus den zwei essenziellen Fettsäuren bildet. Am wichtigsten sind die Gamma-Linolensäure und Stearidonsäure.

Die meisten im Alltag verwendeten Öle (z.B. Sonnenblumen, Soja, Raps und Mais) enthalten genug Linol­säure. Allerdings liefern nur Soja- und Rapssamenöl auch kleine Mengen der Alpha-Linolensäure. Der an Alpha-Linolensäure reiche Leinsamen ist wegen seiner Fettsäuren und der Bitterstoffe seines Öls nicht zum Kochen geeignet. Da Fleisch und Getreide ebenfalls keine wichtigen Quellen für Alpha-Linolensäure oder höhere Omega-3-Fettsäuren darstellen, mangelt es den westlichen Ländern häufig an Omega-3-Fettsäuren in der täglichen Ernährung. Es gibt Hinweise darauf, dass ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren zu verschiedenen weit verbreiteten akuten und chronischen Erkrankungen beiträgt. Das typische Verhältnis von Linolsäure zu Alpha-Linolensäure im Hanföl liegt nah bei einem Verhältnis von 4:1 bis 6:1, welches von Ernährungs­wissenschaftlern als optimal für den menschlichen Organismus angesehen wird. Dieses Verhältnis ist wesentlich optimaler, als bei allen anderen herkömmlich zum Kochen verwendeten Pflanzenölen - mit Ausnahme von Rapsöl, welches ähnlich optimale Verhältnisse aufweist.

Das Vorkommen an Gamma-Linolensäure und Stearidonsäure im Hanföl bietet über die günstige Zusammensetzung der Fettsäuren Linolsäure und Alpha-Linolensäure hinaus einen zusätzlichen Nutzen für Personen, bei denen die Umwandlung der beiden essenziellen Fettsäuren zu diesen höheren Fettsäuren durch genetische, ernährungsbedingte oder andere Lebensumstände nicht oder nicht in ausreichendem Umfang über den Stoffwechsel erfolgt.

Normalerweise benötigt der gesunde Organismus keine Gamma-Linolensäure, da diese durch ein Enzym, die Delta-6-Desaturase aus Linolsäure gebildet wird. Um aber vollständig vom Körper genutzt werden zu können, muss die Linolsäure in eine Anzahl anderer Substanzen metabolisiert werden. Wenn die Delta-6-Desaturase-Aktivität aus irgendeinem Grund vermindert ist, dann können gesundheitliche Störungen, wie zum Beispiel Hautprobleme, auftreten. Die direkte Zuführung der Gamma-Linolensäure kann dann eine adäquate Maßnahme sein, um wieder eine normale Funktion zu gewährleisten.

Der Vergleich der Zusammensetzung des Hanföls mit anderen Ölen zeigt, dass der Anteil an Gamma-Linolensäure im Hanföl nicht besonders hoch ist. So enthalten zum Beispiel Borretsch- und Nachtkerzenöl jeweils höhere Konzentrationen an Gamma-Linolensäure. Doch ihre Instabilität, der unangenehme Geschmack, aber auch die höheren Kosten machen diese Öle als Speiseöle ungeeignet – sie werden am Markt vor allem in Form von Kapseln angeboten.