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Der Entourage-Effekt oder die Synergie der Cannabiswirkstoffe
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Als ich vor 25 Jahren begonnen habe, mich mit den medizinischen Eigenschaften von Cannabis zu befassen, haben fast alle Wissenschaftler und Ärzte nahezu ausschließlich vom Cannabiswirkstoff THC bzw. Dronabinol gesprochen. Auch ich hatte andere Inhaltsstoffe, wie vor allem andere Cannabinoide und Terpene, kaum im Blick, auch wenn ich bereits in der ersten Auflage von „Hanf als Medizin“, an dem ich 1996 gearbeitet habe, auch auf andere Cannabinoide, Terpene (ätherische Öle) und Flavonoide als pharmakologisch aktive Komponenten der Hanfpflanze eingegangen bin. Cannabiskonsumenten wissen seit langem, dass verschiedene Cannabis-Sorten unterschiedlich wirken, und dass es dabei nicht allein auf den THC-Gehalt ankommt.
1998 stellten die israelischen Professoren Raphael Mechoulam und Shimon Ben-Shabat fest, dass das Endocannabinoid-System, unser körpereigenes Cannabinoidsystem, einen "Entourage-Effekt" zeigte, bei dem eine Vielzahl "inaktiver" Substanzen die Aktivität der primären endogenen Cannabinoide Anandamid und 2-Arachidonoylglycerol deutlich verstärkte. Entourage kommt aus dem Französischen und bedeutet Umgebung bzw. Umfeld. Sie postulierten auch, dass diese Beobachtung bei der Erklärung helfe, warum pflanzliche Arzneimittel oft wirksamer sind als ihre isolierten Bestandteile.
Obwohl die Synthese einzelner Moleküle nach wie vor das vorherrschende Modell für die pharmazeutische Entwicklung ist, wurde das Konzept der botanischen Synergie gleichzeitig umfassend untersucht und unter Beweis gestellt. Im Zusammenhang mit Cannabis betrifft dies vor allem bisher weniger beachtete Cannabinoide und Terpene, die die Wirkungen von THC beeinflussen. Einige Beispiele für den Entourage-Effekt bei Cannabis sollen hier genannt werden.
Eine kürzlich durchgeführte Studie mit mehreren menschlichen Brustkrebszelllinien in Kultur und nach Implantation in Tiere zeigte die Überlegenheit einer Behandlung mit einem Cannabisextrakt gegenüber reinem THC, was in erster Linie auf das Vorhandensein geringer Konzentrationen von Cannabigerol (CBG) und Tetrahydrocannabinolsäuren (THCA) zurückzuführen war.
Antiepileptische Wirkungen von CBD wurden bei Tieren in den 1970er Jahren und in den ersten Studien am Menschen im Jahr 1980 festgestellt. Bei einem kürzlich durchgeführten Experiment an epileptischen Mäusen wurden fünf verschiedene Cannabis-Extrakte mit den gleichen CBD-Konzentrationen eingesetzt. Obwohl alle Extrakte Vorteile gegenüber unbehandelten Tieren zeigten, wurden bei den biochemischen Profilen von Nicht-CBD-Cannabinoiden auffällige Unterschiede beobachtet. Es gab signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen, sodass die Zahl der behandelten Tiere mit epileptischen Anfällen zwischen 23 und 67 Prozent schwankte. Die krampfhemmende Wirkung der verschiedenen Extrakte war also unterschiedlich stark ausgeprägt.
Viele Ärzte lieben Einzelmoleküle, wie reines THC/Dronabinol oder reines CBD. Heute stellt sich allerdings die Frage: Kann ein Cannabispräparat oder ein Einzelmolekül nicht vielleicht zu rein sein und somit das synergistische Potenzial der Cannabisbestandteile reduzieren? Jüngste Daten unterstützen diese Möglichkeit. Einzelne Informationen von Ärzten, die Cannabisextrakte mit hohem CBD zur Behandlung schwerer Epilepsiearten wie Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrome verwenden, zeigten, dass ihre Patienten eine bemerkenswerte Verbesserung der Anfallshäufigkeit zeigten, obwohl die CBD-Dosen weit niedriger waren als die in klinischen Studien mit dem CBD-Extrakt Epidiolex, der nahezu ausschließlich CBD enthält.
Diese Beobachtung wurde kürzlich einer Meta-Analyse mit 11 Studien mit insgesamt 670 Patienten unterzogen. Diese Ergebnisse zeigten, dass sich 71 Prozent der Patienten mit CBD-dominanten Cannabis-Extrakten gegenüber 36 Prozent mit reinem CBD verbesserten. Beide Gruppen erreichten bei 10 Prozent der Patienten Anfallsfreiheit. Die mittleren Tagesdosen waren in den Gruppen deutlich unterschiedlich: 27 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht für gereinigtes CBD gegenüber nur 6 mg/kg für Extrakte. Darüber hinaus war die Häufigkeit leichter und schwerwiegender Nebenwirkungen bei reinem CBD im Vergleich zu Patienten mit CBD-Extrakten nachweislich größer, was die Autoren auf die niedrigere Dosis zurückführten, die ihrer Meinung nach durch den Synergismus erreicht wurde. Diese Beobachtungen stützen die Hypothese einer höheren Wirksamkeit für Cannabis-Extrakte, die mehrere antiepileptische Substanzen wie CBD, THC, THCA, THCV, CBDV, Linalool und Caryophyllen enthalten.
Diese und andere Studien stellen eine solide Grundlage für die Cannabis-Synergie dar und unterstützen die Entwicklung botanischer Wirkstoffe im Vergleich zu Einzelkomponenten.