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Acht Irrtümer des Rick Simpson
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Es gibt ein zunehmendes Interesse an einer Therapie von Krebserkrankungen mit Cannabisprodukten und in diesem Zusammenhang an RSO (Rick-Simpson-Öl). Bei RSO handelt es sich um Haschischöl aus Cannabis-indica-Sorten.
Rick Simpson ist ein kanadischer Staatsbürger, der angibt, sich selbst von einem Hautkrebs geheilt zu haben, und eine spezifische Form der Verwendung seines Haschisch-Öls, das er auch gern Cannabis-Öl oder Hanf-Öl nennt, zur Behandlung von Krebserkrankungen entwickelt hat. Er hat weltweit eine große Fangemeinde.
Ich habe mir einige seiner Texte auf seiner Webseite angeschaut und war überrascht von seiner Unkenntnis hinsichtlich grundsätzlicher Sachverhalte, die er thematisiert.
Die Rick-Simpson-Methode
Herr Simpson empfiehlt eine im Allgemeinen 90 Tage dauernde Therapie gegen Krebs, in der die Patienten 60 ml des nach seiner Anleitung hergestellten Haschisch-Öls einnehmen und danach geheilt sind oder zumindest deutlich länger als mit einer üblichen Standard-Krebstherapie leben. Auf seiner Webseite heißt es (übersetzt aus dem Englischen): „Eine durchschnittliche Person benötigt im Allgemeinen 90 Tage um die vollständige Behandlung mit 60 g oder 60 ml Öl zu beenden. Ich empfehle, dass Menschen mit 3 Dosen täglich beginnen, etwa die Größe der Hälfte eines Korns von kleinkönigem, trockenem Reis. Der Patient sollte diese Dosis alle 8 Stunden einnehmen, früh am Morgen, dann erneut am Nachmittag, und dann sollten Sie Ihre letzte Dosis des Tages etwa 1 Stunde vor der Nachtruhe einnehmen. Es sollte auch angemerkt werden, dass, wenn ein Patient beginnt, das Öl einzunehmen, der Patient die Wirkungen des Öls normalerweise nicht vor 1 Stunde nach Einnahme der Dosis bemerkt. Seien Sie sich also dieser Tatsache bewusst. Eine Anfängerdosis, wie ich sie beschreibe, würde etwa einem Viertel eines Tropfens entsprechen. Nach 4 Tagen mit dieser Dosis, die dreimal täglich genommen werden sollte, sind die meisten Menschen in der Lage, ihre Dosis zu erhöhen, indem sie die Menge ihrer Dosis alle 4 Tage verdoppeln. Durch die Befolgung dieses einfachen Verfahrens haben viele Patienten berichtet, dass sie das Gefühl hatten, kein High zu erleben, das das Öl verursachen kann. Aber in Wahrheit sind nicht zwei von uns gleich, und wir alle haben unterschiedliche Toleranzen, sodass einige in der Lage sein werden, ihre Dosen schneller zu steigern als andere. In der Realität wird aber, wenn Sie das bekommen, was normalerweise als High bezeichnet wird, Sie nicht in irgend einer Art und Weise schädigen, wenn das Öl, das sie einnehmen, aus den sedierenden Indica-Sorten hergestellt wurde, die ich empfehle, und wenn das daraus resultierende Öl richtig hergestellt wurde.“
Irrtum 1: Decarboxylierung bedeutet, dass die Carboxylsäuren der Cannabinoide in die pharmakologisch bedeutenderen phenolischen Formen umgewandelt werden.
Decarboxylierung tritt auf, wenn man dem Öl genug Hitze zuführt, um die Moleküle innerhalb des Öls zur Delta-9-Position zu drehen, was das fertig gestellte Öl zur höchsten medizinischen Potenz führt.
Kommentar:
Bei der durch Wärme induzierten Decarboxylierung werden die in der Pflanze natürlich vorliegenden carboxlierten Formen der Cannabinoide durch Abspaltung von Kohlendioxid in die phenolischen Formen umgewandelt. Da wird nichts gedreht. Die Delta-9-Position der Doppelbindung liegt auch schon in den zwei Carboxylsäuren vor. THC-Carboxylsäuren, auch THCA genannt, verursachen keine psychischen Wirkungen, und es fehlen auch die meisten medizinisch interessanten Effekte. Das gleiche gilt für CBDA im Vergleich zu CBD, auch wenn die Säuren ebenfalls einige medizinisch interessante Wirkungen ausüben.
Irrtum 2: Der Unterschied zwischen Indica- und Sativa-Sorten beruht auf dem unterschiedlichen Gehalt an verschiedenen Terpenen.
Das Beste wäre es, eine reine Indica zu verwenden, was dem Öl, das aus ihnen wird, die schlaffördernden sedierenden Wirkungen gibt, was bei der Heilung des Patientenkörpers hilft und dafür sorgt, dass der Patient entspannt ist, wenn das stattfindet.“ „Ich habe festgestellt, dass die Methode, die ich verwende, die natürlichen Terpene und Flavonoide zerstört, von denen viele anscheinend denken, dass das Öl sie enthalten sollte... Aufgrund der Tatsache, dass das fertige Öl, dass ich hergestellt habe, wenige oder keine natürlichen Terpene oder Flavonoide enthält und Patienten so wundervolle Ergebnisse durch ihre Verwendung haben, so scheint es mir, dass die medizinischen Qualitäten dieser Terpene und Flavonoide etwas überschätzt werden.
Kommentar:
Cannabis-Sorten vom Indica- und vom Sativa-Typ unterscheiden sich nicht anhand ihrer Cannabinoidzusammensetzung, sondern aufgrund ihrer unterschiedlichen Terpen-Zusammensetzung. So enthalten Indica-Sorten Terpene, auch ätherische Öle genannt, die eher sedierend wirken, was die sedierenden Effekte dieser Sorten erklären könnte. Diese ätherischen Öle sind für den Geruch von Cannabispflanzen verantwortlich. Einige verflüchtigen sich leicht durch Erhitzung, während die meisten anderen bei Temperaturen, wie sie Herr Simpson bei der Herstellung seines Haschisch-Öls verwendet, nicht verdampfen und daher im Öl verbleiben. Es ist widersprüchlich, wenn er darauf hinweist, dass man Indica-Sorten verwenden sollte, aber gleichzeitig erklärt, dass die Substanzen, die eine Indica-Pflanze im Wesentlichen ausmachen, nicht mehr im Endprodukt vorhanden sein sollen.
Irrtum 3: Nicht die THC-Konzentration in einem Produkt, sondern die THC-Menge ist entscheidend für die Stärke der Wirkung.
Alles, was man benötigt, um eine vollständige Öl-Extraktion von 60 g oder 60 ml zu erzielen, ist 450-500 g von hochwertigem Blütenmaterial, das vollständig trocken ist.“ „Nach meiner Meinung kann die Extraktion mit Olivenöl oder anderen Substanzen wie Butter eine Substanz produzieren, die sehr gut bei weniger schweren äußeren medizinischen Problemen, so wie Hauterkrankungen, funktionieren kann. Wenn man aber schwere innere Erkrankungen behandeln will, bevorzuge ich es, dass die Patienten das Öl in seiner reinsten Form einnehmen.
Kommentar:
Meistens haben die RSO-Extrakte eine Konzentration von 50-60 % THC, manchmal auch mehr. Es ist aus pharmakologischer Sicht irrelevant, ob ich 500 mg THC durch die Einnahme von 1 g Haschischöl mit einem THC-Gehalt von 50 % oder ob ich 500 mg THC durch die Einnahme von 25 g Olivenöl-Extrakt mit einem THC-Gehalt von 2 % einnehme. In beiden Fällen habe ich 500 mg THC aufgenommen und das ist entscheidend für die Wirkung. Ein Olivenöl-Extrakt kann qualitativ genauso gut sein, wie ein gutes Haschischöl. Die Qualität und die Menge macht‘s, und nicht die Konzentration.
Irrtum 4: Die bisher entdeckten mehr als 100 Cannabinoide kommen nicht alle in einer einzelnen Pflanze vor.
Experten aus diesem Gebiet haben mir berichtet, dass viele medizinische Sorten der Cannabis-Hanfpflanze mehr als 100 verschiedene Cannabinoide enthalten, und bisher wurden nach meiner Kenntnis die meisten bisher nicht einmal identifiziert.
Kommentar:
Professor Mahmoud ElSohly von der Universität von Mississippi, der in den letzten Jahrzehnten die meiste Forschung in diesem Bereich durchgeführt hat, berichtete mir während des Cannabinoid-Kongresses 2015 im September, dass die Zahl der bisher entdeckten Cannabinoide 104 betrage. Die Cannabinoide wurden in vielen unterschiedlichen Sorten entdeckt. Eine einzelne Sorte enthält immer nur einen Teil dieser Cannabinoide.
Irrtum 5: Innerlich aufgenommene Cannabinoide gelangen über das Blut zum Krebs.
Ich denke in der Tat, dass es eine sehr gute Idee ist, bei einigen Fällen Zäpfchen zu verwenden, denn ich denke, dass das Öl so nah wie möglich an das medizinische Problem, das behandelt werden soll, heran gebracht werden sollte. Daher denke ich, dass für jemanden, der an etwas leidet wie Prostata- oder Blasenkrebs, es nützlicher für ihre medizinischen Probleme sein könnte, das Öl auf diese Art und Weise zu verwenden.
Kommentar:
CBD und THC aus einem Zäpfchen sind nicht wirksamer gegen Blasenkrebs als CBD und THC in einer oralen Zubereitung, denn innerlich aufgenommene Cannabinoide (oral, rektal, inhalativ) gelangen gleichermaßen über das Blut zu den Krebszellen. Die Cannabinoide können nicht direkt vom Darm zur Blase wandern, auch wenn der Darm näher an der Blase als beispielsweise an der Lunge liegt.
Irrtum 6: Haschisch-Öl ersetzt weder Insulin noch pauschal die meisten anderen Medikamente
Diabetiker sollten sich bewusst sein, dass sie im Allgemeinen feststellen werden, dass ihr Insulinbedarf reduziert wird, und dass er sogar bis zu dem Punkt reduziert werden kann, wo sie es gar nicht mehr benötigen, und das gleiche gilt für die meisten anderen Pharmazeutika genauso.
Kommentar:
Die bisher einzige Behandlung eines vollständig entwickelten Typ-1-Diabetes, also eines Diabetes, bei dem der Körper aufgrund einer Autoimmunerkrankung überhaupt kein Insulin produziert, besteht in der Gabe des fehlenden Hormons, nämlich des Insulin. Anders sieht es aus beim Typ-2-Diabetes, der früher auch Altersdiabetes genannt wurde. Dabei produziert der Körper ausreichend Insulin, es besteht jedoch eine Insulinresistenz, sodass trotz ausreichend Insulin die Körperzellen dennoch nicht mit ausreichend Zucker versorgt werden. Hier besteht die Möglichkeit durch eine Änderung der Lebensweise (Gewichtsreduzierung, Sport, etc.), durch eine Änderung der Stoffwechselsituation, den Insulinbedarf zu senken und eventuell wieder vom Insulin wegzukommen. Ob THC dabei eine Rolle spielen kann, ist mir bisher nicht bekannt. Es macht aber keinen Sinn, pauschal zu behaupten, dass durch die Verwendung von Haschisch-Öl der Insulinbedarf von Diabetikern „im Allgemeinen“ gesenkt werden kann. Genauso verfehlt ist es, pauschal zu behaupten, dass auch der Bedarf der „meisten anderen Pharmazeutika“ gesenkt werden kann. Cannabis kann sicherlich viele andere Medikamente ersetzen, aber solche Pauschalierungen sind unseriös. Wer beispielsweise eine Lungenentzündung hat, sollte besser weiterhin ein wirksames Antibiotikum einnehmen.
Irrtum 7: Krebshemmende Bestandteile von Pflanzen sind keine Proteine.
Besorge dir eine Saftmaschine und fang damit an, so viele rohe Früchte und Gemüsesorten wie möglich zu essen, weil Pflanzenproteine das Wachstum von Krebs hemmen.
Kommentar:
Herr Simpson gibt auch einige Tipps, was Krebskranke sonst noch für ihre Gesundung tun könnten, und offenbart auch hier seine begrenzten Kenntnisse grundlegender Fakten. Es ist richtig, dass viele andere Pflanzen ebenfalls krebshemmende Substanzen enthalten. So enthält Brokkoli den Krebshemmer Sulforaphan, Tomaten enthalten Lycopen, grüner Tee enthält Epigallocatechin-3-Galat, Kurkuma, auch Gelbwurz genannt, enthält Curcumin, Pampelmusen enthalten Resveratrol, etc. Keines dieser krebshemmenden Pflanzenstoffe ist ein Protein.
Irrtum 8: Chemotherapie und Strahlentherapie sind bei einigen Krebserkrankungen sehr wirksame Behandlungsverfahren
Sowohl Chemotherapie als auch Strahlen sind bekannt dafür, dass sie Krebs verursachen. Daher geben Ärzte den Patienten, die an Krebs leiden, in Wirklichkeit Behandlungen, die die Erkrankung verursachen, von der sie behaupten, dass sie sie zu heilen versuchen, und häufig helfen diese schrecklichen Behandlungen dabei, dass der Krebs sich in anderen Teilen des Patientenkörpers ausbreitet.“ „Das ist der Grund, warum ich Menschen, die mich kontaktieren, sage, dass, wenn sie überleben wollen, der beste Weg darin besteht, so weit entfernt vom medizinischen System zu bleiben, wie nur möglich.
Kommentar:
Es gibt Krebserkrankungen, die heute mit Standardtherapien sehr gut behandelt werden können, bei denen Operation, Chemotherapie oder Strahlentherapie, zum Teil auch in einer Kombination, viele Menschenleben retten oder das Leben deutlich verlängern. Beispielsweise führte die akute lymphatische Leukämie (ALL) meistens innerhalb weniger Wochen zum Tode. Heute ist diese Erkrankung bei Kindern mithilfe einer intensiven Chemotherapie in 80 % der Fälle heilbar. Beim Morbus Hodgkin (Lymphdrüsenkrebs) von Erwachsenen können heute mit einer Chemotherapie selbst in fortgeschrittenen Stadien, in denen viele Organe des Körpers befallen sind, mehr als 50 % der Patienten geheilt werden. Bei frühen Stadien liegt die Heilungsrate bei über 90 %. Herr Simpson weist immer wieder darauf hin, wie gefährlich Standardtherapien sind und wie schlimm die Schulmedizin ist.
Schlussfolgerung
Rick Simpson hat sich um die Bekanntmachung von Cannabisprodukten als krebshemmende Substanzen verdient gemacht. Er hat allerdings recht begrenzte Kenntnisse von grundlegenden Sachverhalten, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Ich habe hier nur einige seiner Irrtümer vorgestellt. Er neigt auch sonst zu Vereinfachungen und Pauschalierungen. Schwarz-Weiß-Denken ist wenig hilfreich, wenn man sich ernsthaft mit den krebshemmenden Eigenschaften von Cannabinoiden beschäftigen möchte. Herr Simpson ist der Auffassung, dass sein Schema und nur sein Schema in gleicher Weise auf alle Krebsarten angewendet werden sollte. Aber das hat mit der Realität vieler verschiedener Krebsarten und unterschiedliche Effekte von THC und CBD, die wir bisher kennen, leider wenig zu tun. Es geht darum, für jeden Patienten eine optimale Therapie gegen seinen Krebs zu finden. Und dabei können Cannabis und Cannabinoide eine wichtige Rolle spielen, darunter möglicherweise auch in Form von Haschisch-Öl aus Indica-Pflanzen.