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Herausgeber
Hanfjournal

Cannabis bei Akne inversa, eine schwere Hauterkrankung

Authors
Franjo Grotenhermen

Im Jahr 2014 hatte ich erstmals einen Patienten mit Akne inversa in meiner Praxis, der gut auf eine Selbsttherapie mit Cannabisprodukten ansprach und dann auch eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle erhalten hat. Im Jahr 2015 kam ein zweiter Patient hinzu. Beide kamen erst zu mir, nachdem sie einen unangenehmen Kontakt mit der Staatsgewalt in Form eines Führerscheinentzugs bzw. eine Anklage wegen des illegalen Anbaus von Cannabisprodukten gehabt hatten.

Bei der Akne inversa handelt es sich um eine Entzündung der Talgdrüsen und der Haarfolikel, also der Einstülpung in der Haut, in der ein Haar wächst. Durch eine Störung der Verhornung der Talgdrüse wird der Ausgang verlegt. Die Haarwurzeln und die Talgdrüsen füllen sich immer mehr mit Hornmaterial an. Es folgt eine Infektion durch Bakterien. Dann entzündet sich die Talgdrüse, und Eiter sammelt sich an. Dann zerreißt irgendwann die Wand der Talgdrüse, und die Entzündung breitet sich im Gewebe aus. Es entstehen schmerzhafte Geschwüre und Abszesse.

Wie auch bei meinen beiden Patienten sind hauptsächlich die Achselhöhlen, die Gegend um den After, das Gesäß, die Leisten und die Genitalregion betroffen. Nach Schätzungen leiden in Deutschland 200.000-3.000.000 Menschen an der Erkrankung. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Meistens wissen die Betroffenen nicht, dass sie an dieser Erkrankung leiden, da sie oft sehr spät oder gar nicht richtig diagnostiziert wird. Die Ursache der Erkrankung ist unklar. Es gibt eine Veranlagung für die Erkrankung. So waren auch die Brüder, einige Onkel und Nichten eines der beiden Patienten betroffen. Tabakrauchen, Übergewicht und Diabetes sind Risikofaktoren.

Die üblichen Behandlungen sind die örtliche oder systemische Gabe von Antibiotika, wobei häufig mehrere Antibiotika gleichzeitig gegeben werden müssen. Im Allgemeinen treten immer wieder Abszesse auf, die zum Teil großflächig operativ, zum Teil in Vollnarkose, behandelt werden müssen.

Es gibt bisher keinerlei wissenschaftliche Literatur zur Therapie der Akne inversa mit Cannabisprodukten, und mir war bis dahin nicht bekannt, dass THC bei dieser schweren Hauterkrankung helfen kann. Ich habe dann in Internet-Foren einige weitere positive Erfahrungsberichte finden können. Es ist bekannt, dass das Endocannabinoidsystem eine Rolle bei der Bildung von Hautzellen spielt. Dies könnte ein Grund für die Wirksamkeit von Cannabinoiden sein. Auch die entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung von THC und CBD könnte eine Rolle spielen.

Fallbericht 1

Der 43 Jahre alte Patient leidet seit etwa 2002 unter rezidivierenden Abszessen im Perianal-, Perigenital- und Leistenbereich. 1999 trat erstmals ein Abszess im Bereich des Steißbeins auf. Die Diagnose wurde allerdings erst 2013 gestellt. Die operative Entfernung dieser Abszesse geht mit Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von zwei bis zu mehreren Wochen einher. Akute Krankheitsschübe sind zudem immer mit Schmerzen und deutlichen Einschränkungen seiner Lebensführung assoziiert. Im Jahr 2008 hat der Patient auf Anregung eines Freundes, der an einer entzündlichen Hauterkrankung leidet und von Cannabis profitiert, begonnen, regelmäßig vergleichsweise geringe Mengen an Cannabis zu konsumieren. Dadurch gelang es ihm bei rechtzeitiger Verwendung beim Beginn einer Entzündung und durch eine geringe Prophylaxe – dabei reichte die Einnahme von Cannabis alle zwei Tage – Abszessbildungen weitgehend zu verhindern. Zwischen 2008 und 2013 konnten Abszesse vollständig vermieden werden. Als er Ende 2013 keinen ausreichenden Zugang zu Cannabisprodukten hatte, traten erneut zweimal Abszesse auf. Seinem Antrag auf eine Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten wurde von der Bundesopiumstelle stattgegeben.

Fallbericht 2

Es handelt sich um einen 44 Jahre alten Mann, der seit dem 13. Lebensjahr unter einer Akne inversa leidet. Darüber hinaus bestehen seit dem Kindergartenalter bis heute eine ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). Mit etwa 15 Jahren ist er erstmals mit Cannabis in Kontakt gekommen und hat gleich festgestellt, dass sich darunter die Symptome der ADHS wie Nervosität, innere Unruhe, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Störungen der Impulskontrolle deutlich besserten, so dass er seither regelmäßig Cannabis konsumiert. Nebenbei stellte er fest, dass sich auch seine Hauterkrankung deutlich besserte. Wenn er genug Cannabis zur Verfügung hatte, traten keine Abszesse auf. Aufgrund seiner schweren Erkrankungen ist er arbeitsunfähig. Zurzeit muss er sich wegen des illegalen Anbaus von Cannabis vor einem Strafgericht verantworten.